Dr. Daniel Guffarth

 

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Projektbeschreibung:

Die deutlichen Abweichungen der Luftfahrtindustrie vom typischen Entwicklungsmuster im produzierenden Sektor nimmt Daniel Guffarth für seine innovationsökonomische Arbeit zum Anlass, die Ursachen für diese Anomalien theoretisch und empirisch zu analysieren. Der Autor identifiziert die dynamische Wirkungsebene in dieser Industrie in den Netzwerkarchitekturen des Innovationsprozesses. Es zeigt sich ein technologisches wie industriestrukturelles Spannungsfeld, in dem sich permanente Ambidextrieanforderungen peristaltisch in den Wertschöpfungsebenen nach unten erweitern. Dies stellt Zulieferer vor enorme technologische und ressourcenseitige Herausforderungen, die die Zukunftsfähigkeit der europäischen Luftfahrtindustrie maßgeblich beeinflussen.

Seit jeher steht kaum ein anderes Produkt für Ingenieurskunst, Pioniergeist und das komplexe Zusammenspiel unterschiedlichster Materialien, Technik und Wissen, aber gleichsam auch für so hohe Entwicklungs- und Produktionskosten, wie das Flugzeug. Die Entwicklung solcher Industrien mit komplexen Produkten ist Gegenstand dieser Dissertation. Heute befindet sich die Luftfahrtindustrie in einer industriellen Wachstumsphase, die vor allem den Produktionshochlauf und die Kapitalaneignung, gepaart mit einem zunehmenden Kostenwettbewerb zur Folge hat. Neue Konkurrenz aus Asien sowie aus dem Segment der Regionalflugzeughersteller zwingt das etablierte Duopol aus Airbus und Boeing ihre Zuliefererketten effizienter und effektiver auszugestalten. Gleichzeitig stellen die fortwährenden technologischen Neuerungen in bestehenden Flugzeugmodellen und die hohe F&E-Intensität auf Subsystemebene einen weiteren Baustein der aktuellen Herausforderungen dar. Innerhalb der vorliegenden Dissertation wird ein Industrieevolutionsanalyserahmen entwickelt, welcher speziell auf die Erfordernisse von Industrien mit komplexen Produkten zugeschnitten ist und neben der klassischen Triebfeder technologischer Entwicklung, d.h. Innovation und Wissen, die staatliche Durchdringung, die Nachfrageseite und die Industriemechanismen miteinbezieht. Da sich unterschiedliche Subsysteme des Artefakts Flugzeug in den unterschiedlichen Phasen Entstehung, Wachstum und Reife befinden, hält der im Standardmodell des Industrielebenszyklus postulierte direkte Implikationszusammenhang zwischen Technologie-, Produkt- und Industrielebenszyklen nicht. In der Summe dieser Einzelaspekte ergibt sich die Erkenntnis, dass die ausschließliche Betrachtung der Systemherstellerebene für die Entwicklung der Industrie unzureichend ist. Stattdessen erscheint eine Analyse der Gesamtindustrie inklusive der Zulieferernetzwerke zweckmäßig, weshalb die Industrie in vorliegender Dissertation als Netzwerk aufgefasst wird. Dieses stellt sich je nach Anforderung und Ziel der jeweiligen Zeit als Explorations- und/oder Exploitationsnetzwerk bzw. in Bezug auf das Artefakt, als produkt- oder prozessbezogen heraus. Da aufgrund der Produktcharakteristik permanent wechselnde Anforderungen bei komplexen Produkten zu beobachten sind, stellt sich für die Organisationen dieser Industrien, Ambidextrie bzw. die Balance zwischen Exploration und Exploitation, als maßgeblicher Erfolgsfaktor heraus.
Auf Basis einer Analyse der F&E-Netzwerke der europäischen Luftfahrtindustrie wurde diese Anforderung detailliert auf Wissensebene, mittels einer netzwerktopologischen Betrachtung und der Analyse auf geographischer Ebene untersucht. Kernergebnis ist die Erkenntnis, dass sich im Zeitverlauf die Ambidextrieanforderung über die Wertschöpfungskettenstufen ausdehnt und so ein Wechsel von zyklischer, hin zu permanenter Ambidextrie als Anforderung an die Zulieferer richtet. Zudem wurden die Verdrängungsmechanismen von Exploration im Kern des Netzwerks herausgearbeitet und die Nutzung der Netzwerkperipherie zur Realisierung der explorativen Ausrichtung durch die Kernakteure identifiziert. In der Konsequenz wurden als Erfolgsfaktoren für die Zukunftsfähigkeit der europäischen Luftfahrtindustrie, die Orchestrierung zwischen Netzwerkstabilität und -heterogenität sowie die Aufrechterhaltung der KMU-Strukturen zur Nutzung explorativer Anforderungen der Kernakteure in Bezug auf deren beidhändige Lernausrichtung ermittelt.

 

Forschungsinteressen: 

  • Industriedynamische Theorieentwicklung
  • Wertschöpfungsnetzwerke und deren Dynamik
  • Explorations-, Exploitations-, und Ambidextriemerkmale in Netzwerken
  • Industrielle Transformationsprozesse und qualitativer Strukturwandel
  • Ko-evolutorische Beziehungsgeflechte im Rahmen der Industrieevolution

 

Publikationen:

  • Guffarth, D. (2015). Hartley, Keith: The political economy of aerospace industries: a key driver of growth and international competitiveness? Journal of Evolutionary Economics, Vol.25, Issue 2 (2015), pp.537-539, DOI: 10.1007/s00191-015-0398-4
  • Guffarth, D. (2016). Ambidextrie in Netzwerken komplexer Produkte: Exploration und Exploitation in der Luftfahrtindustrie. Springer Fachmedien Wiesbaden.Print ISBN: 978-3-658-15582-7 Electronic ISBN: 978-3-658-15583-4
  • Vermeulen, B. and Guffarth, D. (2017). A process model of invention and the role of government, institutions, and geography. Anecdotal evidence from the aerospace industry in the years 1800–1950. In Innovation Networks for Regional Development (pp. 97-129). Springer International Publishing. Print ISBN 978-3-319-43939-6 Online ISBN 978-3-319-43940-2
  •  Guffarth, D., & Barber, M. J. (2017). The evolution of aerospace R&D collaboration networks on the European, national and regional levels. In Innovation Networks for Regional Development (pp. 15-50). Springer International Publishing. Print ISBN 978-3-319-43939-6 Online ISBN 978-3-319-43940-2